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Proceeding Decision

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Main Details:

Registry number
ACT_9216/2024
Date
Parties
Scandit AG
v.
Hand Held Products, Inc.
Order/Decision reference
ORD_46277/2024
Type of action
Application for provisional measures
Language of Proceedings
Allemand
Court - Division
Court of First Instance - Munich (DE) Local Division

German Headnotes:

1. In bestimmten Konstellationen kann auf eine unmittelbare Verletzung eines Vorrichtungsanspruchs erkannt werden, wenn sich nämlich der Patentverletzer Handlungen seines Abnehmers im Sinne einer verlängerten Werkbank zu eigen macht und es aus Wertungsgesichtspunkten unbillig wäre, den Verletzer lediglich wegen einer mittelbaren Patentverletzung haften zu lassen. In den Blick zu nehmen ist aber stets die Gefahr, dass hierdurch die vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen zwischen den Rechtsfolgen einer unmittelbare und einer mittelbaren Patentverletzung verschwimmen. Daher kann eine Haftung wegen unmittelbarer Patentverletzung bei derartigen Sachverhalten nur dann angenommen wer-den, wenn eine konkret umrissene Vervollständigung der patentgemäßen Vorrichtung mit Sicherheit zu erwarten ist. Dies ist etwa dann unproblematisch der Fall, wenn ein Bausatz zum Zusammenfügen zu einer Gesamtvorrichtung durch den Abnehmer inklusiver Zusammenbauanleitung geliefert wird und die Gesamtvorrichtung nicht funktioniert, sollte sie abweichend hiervon zusammengesetzt werden. 2. Die Umstände des vorliegenden Falls weichen hiervon aber in einem entscheidenden Punkt ab. Aufgrund der angegriffenen Programmbibliothek ist es zwar in Verbindung mit den Videos und der Dokumentation im Sinne einer mittelbaren Patentverletzung, die einen Gefährdungstatbestand darstellt, möglich, dass der Abnehmer eine patentgemäße Gesamtvorrichtung herstellt. Aufgrund der Vielzahl von abweichenden Programmier-möglichkeiten sowie Möglichkeiten, die Hardwarekomponenten zusammenzustellen, steht dies aber nicht mit der erforderlichen Konkretheit sicher fest. 3. Bei einer Unterlassungsanordnung zur Unterbindung einer mittelbaren Patentverletzung ist stets zu erwägen, ob mit Blick auf die dem Patentverletzer verbleibenden Möglichkeiten, die wesentlichen Mittel zu anderen, nicht patentverletzenden Zwecken anzubieten oder zu liefern, ein Relativverbot oder ein Absolutverbot auszusprechen ist. Hierbei ist zu insbesondere zu erwägen, ob die Gefahr einer unmittelbaren Patentverletzung durch die Abnehmer des mittelbaren Patentverletzers hinreichend durch ein relatives Verbot, zum Beispiel aufgrund von Warnhinweisen, abgewehrt werden kann, und ob und mit welchem Aufwand eine Umgestaltung des Mittels dahingehend, das ihm die Eignung, patentgemäß verwendet zu werden, genommen wird, möglich erscheint. 4. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist eine vollständige Prüfung aller gegen die Gültigkeit des Streitpatents vorgebrachten Argumente, die wie im Nichtigkeits-verfahren zahlreich sein können, nicht möglich. Vielmehr ist die Zahl der gegen die Gültigkeit des Patents vorgebrachten Argumente in der Regel auf die aus Sicht des Antragsgegner besten drei zu reduzieren (UPC_CFI_443/2023 ACT_589207/2023 (Lokalkammer München), Beschluss vom 21. Mai 2024, 3. LS). Hintergrund ist, dass zwar eine summarische Beurteilung von Tatsachenfragen denkbar ist, nicht aber eine summarische Prüfung von Rechtsfragen. Das Gericht kann eine Rechtsfrage entweder prüfen oder nicht. Entscheidet sich das Gericht, die Frage zu prüfen, wird es dies umfassend tun. Die einzige Möglichkeit, dem summarischen Charakter des Verfahrens Rechnung zu tragen, besteht also darin, die Zahl der auf diese Weise vollständig zu prüfenden Rechtsfragen zu reduzieren. Dies wird durch das Erfordernis deutlich, die Zahl der Argumente auf drei zu begrenzen. Da es dem Antragsgegner obliegt, die Gültigkeitsvermutung anzufechten, obliegt es in erster Linie dem Antragsgegner, die drei Argumente auszuwählen, die vom Spruchkör-per im Eilverfahren eingehend geprüft werden sollen. 5. Im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung zur zeitlichen Dringlichkeit, die dem Antragsteller nur einen Monat Zeit einräumt, z.B. in UPC_CFI_452/2023 (Lokalkammer Düsseldorf), Anordnung vom 9. April 2024, GRUR-RS 2024, 7207, Rz. 128, hält die Lokalkammer München an ihrer Rechtsprechung fest und gewährt zwei Monate.

German Mots-clés:

zeitliche Dringlichkeit, Anordnung einer Vollstreckungssicherheit für USA, Dringlichkeitsfrist zwei Monate, Absolutverbot bei mittelbarer Patentverletzung, Abgrenzung unmittelbare und mittelbare Patentverletzung, Beschränkung der Argumente gegen den Rechtsbestand auf drei, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

English Headnotes:

1. In certain constellations, a direct infringement of a device claim can be recognized, namely if the patent infringer appropriates the actions of its customer in the sense of an extended workbench and it would be unfair from an equity point of view to hold the infringer liable only for a contributory patent infringement. However, there is always a risk that the boundaries drawn by the legislator between the legal consequences of direct and contributory patent infringement will become blurred. Therefore, liability for direct patent infringement can only be assumed in such cases if a specifically outlined completion of the patent-compliant device can be expected with certainty. This is unproblematically the case, for example, where a kit is supplied to the customer for assembly into a complete device, together with assembly instructions, and the complete device does not function if assembled in any other way. 2. However, the circumstances of the present case deviate from this in a decisive point. As a result of the contested program library, in connection with the videos and the documentation, it is possible, in the sense of a contributory patent infringement which constitutes an element of a risk, that the customer will produce a device in conformity with the patent. However, due to the large number of different programming options and possibilities for assembling the hardware components, this is not certain with the necessary concreteness. 3. In the case of a prohibitory injunction to prevent contributory patent infringement, it must always be considered whether a relative or absolute prohibition should be issued in view of the remaining possibilities of the infringer to offer or supply the essential means for other, non-infringing purposes. In particular, it must be considered whether the risk of a direct patent infringement by the customer of the contributory infringer can be sufficiently averted by a relative prohibition, e.g. on the basis of warnings, and whether and at what cost it appears possible to redesign the means so that they are no longer suitable for use in accordance with the patent. 4. In proceedings for the grant of provisional measures, a full examination of all the arguments raised against the validity of the patent-in-suit, which may be numerous as in nullity proceedings, is not possible. Rather, the number of arguments raised against the validity of the patent must generally be reduced to the best three from the respondent's point of view (UPC_CFI_443/2023 ACT_589207/2023 (LD Munich), order of 21 May 2024, 3rd LS). The background to this is that while a summary assessment of factual issues is conceivable, a summary examination of legal issues is not. The court can either examine a legal issue or not. If the court decides to examine the issue, it will do so comprehensively. The only way to take account of the summary nature of the procedure is therefore to reduce the number of legal issues to be fully examined in this way. This is made clear by the requirement to limit the number of arguments to three. Since it is the respondent's responsibility to challenge the presumption of validity, it is primarily the respondent's responsibility to select the three arguments to be examined in detail by the panel in summary proceedings. 5. In view of the diverging case law on temporal urgency, which grants the applicant only one month, e.g. in UPC_CFI_452/2023 (Local Division Düsseldorf), order of 9 April 2024, GRUR-RS 2024, 7207, Rz. 128, the Local Division Munich adheres to its case law granting two months.

French Headnotes:

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